Über drei Jahre sind wir nun in Ungarn. Firma gegründet, Haus eingerichtet, Kontakte geknüpft, viele tolle und spannende Menschen kennengelernt. Emily und ich hätten nie gedacht, dass wir einmal unseren Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagern - und das es dann auch noch so erfüllend wird. Eine Redakteurin ist auf uns aufmerksam geworden und war zu einem sehr intensiven Gespräch da. Sie hatte über die aktuellen Begebenheiten in Deutschland recherchiert und uns dazu befragt. Denn die Ungarn wollen wissen, was da gerade in Deutschland passiert.
Hier ihr Artikel, den wir mit Hilfe eines Übersetzungprogramms vom Ungarischen ins Deutsche übersetzt haben. Kleine textliche Schwächen bitten wir deswegen zu verzeihen.
Die Prophezeiung von Premierminister Viktor Orbán wird vor unseren Augen wahr:
„Es werden immer mehr Westeuropäer zu uns kommen, die lieber bei uns leben möchten, weil Ungarn ein sicheres, christliches und traditionelles Land ist.“
Das ist unserer Meinung nach nicht schlecht, aber besonders gut und willkommen. Ungarn empfängt mit offenen Armen jene Westeuropäer, die frei und in einer anderen Atmosphäre als zu Hause leben möchten. Ungarn ist ein Land, in dem viel mehr Menschen leben könnten, als derzeit hier leben.
„Wir freuen uns, wenn Ausländer zu uns kommen, denen unsere Denkweise gefällt“,
erklärte Ministerpräsident Viktor Orbán im vergangenen Oktober. Das Interview mit ihm wurde auch von einer ungarischen deutschsprachigen Tageszeitung, der Budapester Zeitung, veröffentlicht. Viele Menschen hörten diese Nachricht, und einige entschieden sich deshalb bewusst für einen Umzug nach Ungarn.
Was die statistischen Daten betrifft, so zeigt die Zahl der nach Ungarn einwandernden deutschen Staatsbürger seit 2015 einen kontinuierlichen Aufwärtstrend:
In diesem Jahr wanderten 1.968 deutsche Staatsbürger nach Ungarn ein,
im Jahr 2017 waren es 2.503,
im Jahr 2020 trotz der Epidemie 3.672
und im Jahr 2021 4.036.
Derzeit beziehen mehr als 14.700 deutsche Rentner ihre Rente in Ungarn. Vor fünf Jahren lag diese Zahl noch bei 11.700, was einem Anstieg von fast 25 Prozent in kurzer Zeit entspricht.
Der Anstieg der Zahl deutscher Einwanderer wurde bereits vom deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehen wahrgenommen: Im April dieses Jahres produzierte es auch eine Reportage im Balaton-Gebiet. Unter anderem besuchten sie ein privates Stammtischtreffen, bei dem es um die Flüchtlingskrise ging. Allerdings gaben die Teilnehmer gegenüber den deutschen öffentlichen Medien keine Stellungnahme ab, was der Reporter damit begründete, dass das Treffen von „einer bekannten Schweizer rechtsextremen Person“ organisiert worden sei. Sie durften diesen angeblichen Schweizer aber weder benennen noch zeigen, außerdem waren sie gezwungen, die Gesichter der Teilnehmer zu verhüllen. Die Deutschen, die hier eine neue Heimat fanden, öffneten sich dieser Zeitung gegenüber gegenüber leichter und sprachen ehrlicher.
Zwei Herzen schlagen
Diana Bednar ist in Deutschland aufgewachsen, hat aber ungarische Wurzeln. Sie wurde in Budapest geboren und war eineinhalb Jahre alt, als ihre Eltern auswanderten. Nach 37 Jahren verließ sie das Land, das sie als ihre Heimat betrachtet hatte, weil sie alles in ihrem Leben daran gebunden hatte.
„Es war nicht einfach, aber heute sage ich, es war die beste Entscheidung unseres Lebens.“
Zuerst wollten wir Deutschland nicht verlassen. Wir lebten an einem wunderbaren Ort, hatten eine schöne Wohnung mit Terrasse und Garten in der Nähe von Frankfurt am Main und unsere Karriere ging gut voran. Unser kleiner Junge wurde geboren, im Prinzip wurde alles für das Glück gegeben. Schon damals dachten wir darüber nach, ein Ferienhaus in Ungarn zu kaufen, um im Sommer nicht für eine teure Unterkunft bezahlen zu müssen. „Anfang 2022 haben wir bereits über ein Einfamilienhaus nachgedacht, um die Sommer in Ungarn um mehrere Monate zu verlängern“, sagt Diana.
Der Wendepunkt erfolgte im Januar 2022.
Die ganze Familie, einschließlich unseres kleinen Sohnes, hat sich mit der Omikron-Version des Coronavirus infiziert. Viel schlimmer als das Virus war, dass uns klar wurde: Der Bund hatte fast zwei Jahre Zeit, Erste Hilfe für die Bevölkerung zu organisieren. Es gab keine Online-Hilfe, keine ausreichenden Informationen, keine umfassende Datenbank darüber, wo und wann man sich testen lassen sollte, wo Patienten untersucht werden, wo man behandelt wird und wann. Das war der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Am Abend sahen mein Mann und ich uns an und es wurde schnell klar, dass wir beide dasselbe dachten: Unser Haus in Ungarn wird keine Sommerresidenz, sondern unser neues, dauerhaftes Zuhause.
Auf Gyenesdiás fanden sie ein elegantes, schneeweißes Haus im modernen Stil mit Swimmingpool. Sie verliebten sich sofort.
Die ungarische Politik hatte nicht direkt mit unserer Entscheidung zu tun, war aber definitiv ein Pluspunkt. Der Respekt vor westlichen und christlichen Werten, die die Menschen hier jeden Tag leben, oder das Lebensgefühl, dass Ungarn noch echt und ursprünglich ist, die meisten Menschen seien höflich und hilfsbereit, Kinder respektieren ihre Eltern, sagt Diana.
Das alles ist für sie unverständlich, aber sehr positiv. Als Unternehmerin und Mutter eines kleinen Kindes ist es ein großer Vorteil, sofort einen Kita-Platz in einer privaten Kita frei zu haben, deren Preis weniger als die Hälfte des Preises einer öffentlichen Kita in Deutschland beträgt.
Unser kleiner Junge lernt – genau wie ich damals – Ungarisch und Deutsch auf muttersprachlichem Niveau. Auch er verließ im Alter von anderthalb Jahren das Land, in dem er geboren wurde. Das Schicksal brachte ihn zurück in das Land seiner Vorfahren.
Diana lässt sich von scheinbar rationalen Überlegungen leiten, doch das Schicksal des Landes, in dem sie aufgewachsen ist und dem sie den Rücken gekehrt hat, weckt in ihrer Seele eine quälende Sorge.
„In meiner Brust schlagen zwei Herzen, ein deutsches und ein ungarisches“,
sagt sie mit Tränen in den Augen. Dann spricht sie eine überraschende Erkenntnis aus: In Ungarn erlebt sie nicht nur ihr Ungarischsein intensiver, sondern sie kann sich auch deutscher fühlen als im heutigen Deutschland.
Dianas Ehemann Frank betreibt weiterhin sein eigenes IT-Unternehmen im Homeoffice. Er betreut seine deutschen Kunden, während er Ungarisch lernt, erfüllt er fleißig seine Aufgaben. Jetzt hat er mehr Zeit, die Sprache zu lernen, die ersten Tage waren mit vielen bürokratischen Aufgaben verbunden: Anmelden, Registrieren, Gang zur Bank, zu Behörden und Ämtern. Ohne Diana hätte er es schwer gehabt. Für Deutsche, die kein Ungarisch sprechen, ist das ein Labyrinth. Daraus entstand die Idee, Dianas neues Unternehmen zu gründen, die Auswanderungsagentur "Hallo, Ungarn". Diana unterstützt deutsche Einwanderer bei der Erledigung behördlicher, banktechnischer, immobilien- und umzugsrechtlicher Angelegenheiten, bei der Beantragung einer Aufenthaltskarte, bei der Umschreibung eines Fahrzeugs sowie bei der Vermittlung von zuverlässigen Handwerkern und Dienstleistern in der Umgebung zu unterstützen Keszthely, Hévíz, Tapolca und Badacsony.
Der Alarm ertönte
Anna Berg wurde in Thüringen geboren und wuchs während der Diktatur in der DDR auf. Menschen aus der DDR konnten nicht in den Westen reisen, wohl aber nach Ungarn. Nachdem Anna ihren ungarischen Ehemann in einem Höhlenforschungslager kennengelernt hatte, zog das Paar in der zweiten Hälfte der 80er Jahre nach Miskolc. Im Herbst 1989 öffnete Ungarn die Grenze für im Land versammelte Ostdeutsche. Die Bergs flohen während des Paneuropäischen Picknicks nach Westdeutschland und ließen sich in München nieder. Dann dachten sie, es wäre ihr Land.
Der Ältere ihrer beiden Söhne wurde in Thüringen geboren, der jüngere bereits in München. In Bayern trafen sie dort viele Ungarn und sprachen auch zu Hause Ungarisch. Die Kinder sind zweisprachig aufgewachsen.
Noch vor zehn Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich noch einmal nach Ungarn ziehen würde. Als 2015 die Masseneinwanderung nach Deutschland begann und regelmäßige Begrüßungszeremonien stattfanden, wurde es mir immer unangenehmer. Das Land veränderte sich zunehmend, man konnte nicht mehr offen sagen, was man dachte, und in meinem Kopf klingelte die Alarmglocke: Ich weiß, was eine Diktatur ist, und ich möchte das Gleiche Jahrzehnte später nicht noch einmal erleben. Als Schriftsteller trifft mich diese Meinungsdiktatur noch sensibler. Früher habe ich Gedichte geschrieben, vor ein paar Jahren habe ich meinen ersten Roman über den Hunnenkönig Attila fertiggestellt, weil ich gestehe, dass ich mich schon immer für die Herkunft der Ungarn interessiert habe. „Leider habe ich es nicht geschafft, einen Verlag für mein Buch zu finden, es verstaubt immer noch in der Schublade“, sagt sie.
Bereits 2018 wurde die Idee eines Umzugs nach Ungarn skizziert. Ihr Mann tanzte in einer ungarischen Volkstanzgruppe in München, sechs von ihnen zogen nach Zalaszánto. Es war nicht möglich, mit den Deutschen über die Vorgänge in ihrem Land zu sprechen, ihre sozialen Beziehungen beschränkten sich zunehmend auf die Ungarn. Nach zwei Reisen nach Ungarn fanden sie das gesuchte Grundstück. Sie kauften es 2019 und begannen mit dem Bau.
Dann kam die Coronavirus-Epidemie und ich musste nicht nur darüber nachdenken, was ich sagen könnte, sondern auch, was ich fragen könnte. Andersdenkende, andere Meinungen als der Mainstream vertreten, werden regelmäßig ausgeschlossen. Die einst berühmte Debattenkultur der Deutschen sei völlig aus den Fugen geraten, fügt sie hinzu.
Anna Berg war Mitglied im Schriftstellerverband, und als sie sah, dass sich keiner ihrer Autorenkollegen zu den Maßnahmen gegen die Corona-Epidemie äußerte, gab es für sie den letzten Tropfen, kritische Stimmen gab es nicht.
„Der Schriftstellerverband bedeutete mir auch nichts mehr.“
Die jährlichen Treffen und regelmäßigen Seminare wurden vermisst. Da habe ich mich endgültig entschieden, dass ich nicht mehr in Deutschland, bei den gehorsamen Bürgern meiner alten Heimat, leben wollte. In Ungarn kann ich endlich ich selbst sein. Ich fühle mich, als wäre ich nach Hause gekommen. Aber ich schreibe nicht mehr, nur noch ein paar Artikel für die Budapester Zeitung. Derzeit erledige ich die Buchhaltung für die Firma meines Mannes, übersetze, dolmetsche und unterrichte Ungarisch. Ich habe insgesamt zwanzig Schüler im Alter von 30 bis 70 Jahren, sie kommen zweimal pro Woche zum Ungarischunterricht.
Das neue Haus ist wunderschön und passt in die Landschaft, aber es gibt noch viel zu tun, sodass Sie sich nicht langweilen werden.
Sie waren erleichtert
Im Gegensatz zu den beiden Damen oben hat Emily Paersch, die am 14. März 2020 Deutschland den Rücken gekehrt hat, keine ungarischen Wurzeln. Einen Tag bevor auch Ungarn seine Grenzen wegen der Coronavirus-Epidemie schloss. Kurz vor Mitternacht kam sie in ihrem neuen Zuhause an, in einem ihnen völlig unbekannten Land.
Emily Paersch ließ sich mit ihrem Mann Andreas und ihrer Mutter in Somogyvár nieder. Der wunderschöne, gepflegte englische Park und die Patina-Villa bilden eine idyllische Kulisse. Für Emilys Mutter war der Umzug nach Ungarn ein großes Erlebnis. Sie wuchs im Sudetenland auf, das bis 1918 zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehörte, und vieles in Ungarn erinnert sie an ihre Kindheit. Das traditionelle Straßenbild, die Melodien, die Aromen. Die alte Frau ist sehr glücklich, wirklich erholt und hat das Gefühl, ihr Zuhause gefunden zu haben.
„Ich habe noch nie daran gedacht, Deutschland zu verlassen.“
Auch wenn ich viel gereist bin und die Welt bereist habe, kam es für mich nicht in Frage, eines Tages zu packen und mit meinem Mann und meiner damals 83-jährigen Mutter mein Zuhause zu verlassen. Doch die zwischenzeitlich eingetretenen wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Veränderungen bereiteten immer mehr Kopfzerbrechen. In Bad Kreuznach, wo wir wohnten, wurde der Park nach zehn Uhr abends geschlossen, nachdem er zu einer gefährlichen Drogenhöhle geworden war. Durch die Masseneinwanderung wurde Deutschland immer gefährlicher. Auch die wirtschaftliche Situation verschlechterte sich, da wir als Unternehmer mit einem dramatischen Kostenanstieg zu kämpfen hatten, der vor allem kleine und mittlere Unternehmen betrifft. Auch langfristig sei keine Besserung zu erwarten, so das Fazit von Emily Paersch, die zuvor als Wirtschaftsjournalistin tätig war.
Jedes Mal, wenn ich dieses Thema im Freundes- und Bekanntenkreis ansprach, gingen sie der Diskussion aus dem Weg, die manchmal in offene Feindseligkeit umschlug. So etwas hatte ich noch nie erlebt, diese seltsame Selbstzensur. Die Luft um uns herum gefror, Freunde und Bekannte verschwanden – zählt sie auf.
Die Mittfünfzigerin, Biografin und Website-Redakteurin suchte mit ihrem Mann und ihrer Mutter einen neuen Standort für ihr Unternehmen, aber vor allem Ruhe und Geborgenheit. Lange Zeit glaubte sie, in einem freien Land zu leben, in dem sie ihre Meinung offen äußern könne. Heute ahnt sie, was aufgrund der realitätsverzerrenden Wirkung der Medien in den Köpfen der Deutschen vorgeht.
Die Kluft zwischen politischer Illusion und Realität wird immer größer. Inmitten diktatorischer Verhältnisse versuchen manche Menschen, dieses Phänomen, das die Psychologie kognitive Dissonanz nennt, zu überbrücken, indem sie sich der Realität nicht bewusst sind und sich ihr nicht stellen wollen. Dies führt zu innerer Aggression, die zur Zunahme der Gewalt beiträgt. Mittlerweile erzeugen die Medien Feindbilder, nennen also die vermeintlichen Hauptschuldigen, gegen die sich immer mehr Wut entlädt, die schließlich in offener Aggression gipfelt. All dies bietet auch einen hervorragenden Nährboden für Kriegspsychosen.
Irgendwann um diese Zeit stieß ich auf eine Nachricht, in der der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán gezielt diejenigen Westeuropäer einlädt, die ihr Land aus verschiedenen Gründen verlassen wollen, nach Ungarn. Bis dahin zählte Ungarn vor allem aufgrund der Sprachschwierigkeiten nicht zu den möglichen Zielländern, doch dieser Zeitungsartikel berührte mich tief, während die Auswanderung immer dringlicher wurde. Wir befürchteten, dass es zu spät sein würde, da es in Deutschland immer mehr Immobilien gibt, die nicht mehr verkauft werden können. Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland, die seit der Epidemie und dem russisch-ukrainischen Krieg ins Stocken geraten zu sein scheint, machen wir uns zunehmend Sorgen um die Zukunft unseres Landes. Wir sind im September 2019 durch Ungarn getourt und haben uns dann auch Häuser angeschaut.
Sie fanden ein Zuhause in Somogyvár.
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